Einen Stühle-Schwund verzeichnete der Pfauen-Wirt in Oberkirch am Donnerstag (15. März) in seiner Gaststube. Gäste schafften die Sitzgelegenheiten in den Saal zur Kreisdelegiertenkonferenz der Ortenau-SPD. Etwa 70 Kommunalpolitiker, Mitglieder und interessierte Bürger wollten hören, was Martin Wenz zu sagen hatte.
Der Leiter Unternehmenssteuerung des E-Werks Mittelbaden skizzierte seine Antwort auf die Frage „Schöne Aussicht auf die Energiewende?“. Diese hatte Elvira Drobinski-Weiß, Kreisvorsitzende und SPD-Bundestagsabegordnete, als Motto formuliert. Die Parlamentarierin kritisierte die Politik von Schwarz-Gelb in Berlin, mit der die Energiewende behindert werde. Durch die Drosselung der Solarförderung, die FDP und CDU jetzt abrupt angesetzt hatten, nehmen mittelständische Firmen auch im Südwesten Schaden. Die Nachfrage nach Solarelementen sinke: „Eine verlässliche Energiepolitik und damit eine verlässliche Wirtschaftspolitik ist das nicht“, sagte sie an die Adresse von Rösler und Röttgen.
So hart formulierte der Vertreter des E-Werk nicht, allerdings wurde schon deutlich, dass Wenz in seiner Einschätzung zumindest nicht in die Gegenrichtung geht. Er skizzierte die Chancen der regenerativen Energie - hauptsächlich Photovoltaik und Windenergie - in der Region. Diese sei schon deshalb wichtig, damit nicht alle Energie durch die belasteten Stromnetze aus dem Windenergie reicheren Norden in den Süden geschafft werden müsse.
Stichwort Netze: Deren Stabilität im Südwesten schätzte Wenz als sicher ein.
Ein großer Teil seiner Ausführungen galt der Windenergie. Immerhin saßen viele Entscheider aus den Gemeinderäten der Ortenau im Publikum, die zwischen den Begriffen „Verspargelung der Landschaft“ und „nachhaltige Energiewirtschaft“ wählen müssen. Nur wenige Standorte in Mittelbaden kommen infrage. Diese denkbaren Plätze, in der Regel Bergkuppen, müssen die Wind-Müller mit Naturschutz-Bedürfnissen abgleichen - ein Bedürfnis, das Wenz ausdrücklich anerkannte.
Fragen der Beschattung durch Rotoren neuer, deutlich größerer Windräder müssten beantwortet werden. Außerdem sei abzuklären, wie gefährlich die an den Spitzen mehrere hundert Km/h schnellen Flügelblätter für Vögel seien. Und wenn Fledermäuse in der Umgebung flattern, komme eine weitere Einschränkung: „Dann muss man ein mögliches Nacht-Betriebsverbot einkalkulieren“, erklärte Wenz. Zudem gelte mittlerweile eine neue Windprognose für die Region, die eine alte, zu optimistisch gerechnete, ablöst - was die Rentabilitätsberechnung drückt.
Trotzdem plädierte Wenz für die Windenergie. Diese positive Bewertung zeigt auch die Beteiligung des E-Werks an Off-Shore-Projekten in der Nordsee. Wenz machte dem fleißig mitdiskutierenden Publikum auch die Verknüpfung von Windenergie und Photovoltaik-Anlagen deutlich. Diese offenbare sich gerade an Tagen wie in der zu Ende gehenden Woche: wenig Wind, viel Sonne. Solche Wetterkonstellationen mache die Notwendigkeit der Solarenergie als weiteres Standbein deutlich.
Der E-Werker aus Meißenheim erklärte den Zuhörern, woran Stromversorger zu erkennen seien, die an der Energiewende arbeiteten. Das seien Unternehmen, die selbst nachhaltig Strom erzeugten und in solche Kraftwerken investierten - wie das E-Werk Mittelbaden mit dem Kinzig-Laufkraftwerk oberhalb Offenburgs.
Einen Seitenhieb auf die großindustrielle Konkurrenz konnte sich Wenz nicht verkneifen: Dort kaufe das Unternehmen auf dem Strommarkt konventionellen Kohle-Strom aus Deutschland, um dieses Paket nach Norwegen zu reichen - im Tausch gegen Wasserkraftstrom. Und schon könne so ein Unternehmen seinen Kunden „grünen Strom“ anbieten - bezahlt mit, im Wortsinn, Kohle.